In 18 Tagen ist es so weit: Skifans sowie Athletinnen und Athleten aus aller Welt treffen am Austragungsort des ersten Matterhorn Cervino Speed Opening ein. Die Freude, einen einmaligen Sportevent zu erleben, ist gross und die Spannung steigt.
Heute ist es aber noch ganz ruhig auf rund 3’800 Metern Höhe. Kurz vor sechs Uhr morgens fahren wir mit der Bahn von Zermatt auf das Klein Matterhorn. Es ist dunkel und man sieht die Lichter der Bergsteigenden, die frühmorgens den Aufstieg auf den Gipfel des Matterhorns wagen. Die Stimmung ist magisch, das frühe Aufstehen hat sich einmal mehr gelohnt.
Oben angekommen setzt die Morgendämmerung langsam ein. Wir, das heisst Rinaldo Kuonen, der verantwortliche Pistenfahrzeugfahrer des Gebiets Süd, und ich machen uns auf den Weg zum geparkten Pistenfahrzeug. Ein kalter Wind weht um die Nase und der Schnee knirscht unter den Schuhen. Wir fahren los zum Startpunkt der Weltcup-Piste in Zermatt, Gobba di Rollin. Das Matterhorn direkt vor uns erstrahlt langsam im Sonnenlicht. Dieser Ausblick – er ist einzigartig.
Profis am Werk
Das Team um Rinaldo Kuonen umfasst rund fünf Personen. Seine Verantwortung ist es, die Strecke gemäss den Plänen der Pistenbauer vorzubereiten. Ein Drittel der «Gran Becca» befindet sich auf Schweizer Boden. Seit Mitte August sind er und sein Team in diesem Gebiet im Einsatz. Für die restliche Strecke sind Arbeitende aus Cervinia verantwortlich – mit einer Ausnahme. Ein Grossteil der Weltcup-Rennen findet auf dem Gletscher statt. Dies erfordert ein gewisses Know-How um die teils riesigen Gletscherspalten zu füllen und somit eine sichere Abfahrt zu gewährleisten.
Mit herkömmlichen Baggern folgt man den Gletscherspalten und schüttet diese mit Schnee und Eis zu, erklärt mir Rinaldo. Durch den Betrieb des Sommerskigebiets sind die Arbeitenden der Zermatt Bergbahnen besonders versiert in dieser Arbeit, weshalb sie diese Aufgabe auch auf italienischem Gebiet übernehmen.
Die Dimensionen der Gletscherspalten sind beeindruckend. Rinaldo fährt mit seinem Pistenfahrzeug direkt auf eine offengelegte Spalte zu. Diese wird von einer Schneebrücke bedeckt. Darunter geht es mehrere Meter in die Tiefe. Man möchte sich nicht vorstellen, was passiert, wenn man bei ungünstigen Verhältnissen ausgerechnet auf diese dünne Schneeschicht auftritt. Mich schaudert es bei diesem Gedanken. Gut sichtbar sind auch die verschiedenen Schnee- und Eisschichten. Eindrücklich wechseln sich fast kristallklare und strahlend weisse Lagen ab, die viel über die Wetterverhältnisse und das Klima der letzten Jahre verraten.
Wir fahren von der Gletscherspalte weg und folgen einem bereits präparierten Teil der Piste. Nachdem die Spalten gefüllt sind, wird mit dem Pistenfahrzeug die Strecke verstossen und eingefräst. Dieser Vorgang muss mindestens alle zwei Tage vorgenommen werden, damit die Struktur des Eises und somit der Strecke beibehalten werden kann.
Der Vorteil einer Piste, welche grösstenteils über den Gletscher verläuft: Der Untergrund bietet bereits ideale Voraussetzungen für eine Speed-Abfahrt. Die Strecke muss nicht extra bewässert werden.
Höchstgelegene Rennstrecke im gesamten Weltcup
Die Arbeit auf rund 3’800 Metern über Meer ist nicht zu unterschätzen. Das Team von Rinaldo Kuonen ist sich aufgrund der täglichen Anwesenheit an diese Umstände gewöhnt. Den Wetterbedingungen ist man in dieser Höhe jedoch extremer ausgesetzt, was unter Umständen die Arbeiten verzögern könnte.
Vor allem der Wind kann einem hier oben auch mal einen Strich durch die Rechnung machen. Deshalb gibt es auf der «Gran Becca» drei verschiedene Startpunkte, welche je nach Wetterverhältnisse genutzt werden können. Man hat also die Möglichkeit, auf Plan A, B oder C zurückzugreifen.
Beim Startpunkt der Frauenabfahrt, dieser liegt unterhalb demjenigen der Männer, hält Rinaldo das Pistenfahrzeug an. Er erklärt mir, dass er für den Start der Frauen diesen Abhang noch ein bisschen eckiger und steiler gestalten muss. Wir fahren diesen vereisten Hügel hinunter. Noch steiler? Es fühlt sich bereits jetzt an wie auf einer Achterbahn!
Die Arbeiten auf der Schweizer Seite laufen soweit nach Plan. Ungefähr Mitte Oktober, nachdem die Ski-Teams auf dem Gletscher fertig trainiert haben, wird noch der Matterhorn Sprung gebaut. Danach sind es vorwiegend Pistenfräsen und Transportarbeiten, die das Team um Rinaldo Kuonen bis zum Start des Matterhorn Cervino Speed Opening beschäftigen.
Eine Weltcup-Piste zu bauen ist hier für alle etwas Neues und bringe einige interessante Herausforderungen mit sich, meint Rinaldo im gemeinsamen Gespräch. Die Spannung auf den ersten Ski-Weltcup in Zermatt steigt und alle Beteiligten sind hochmotiviert.
Wir freuen uns auf jeden Fall riesig auf die bevorstehenden Rennen und meinen “Hopp Schwiiz” und “Forza Italia”!
Die «Gran Becca» nach den Weltcup-Rennen erleben
Falls ihr euch fragt, was auf der panoramareichen Piste passiert nachdem sich die internationalen Spitzenathletinnen und -athleten gegeneinander gemessen haben – hier kommt die Antwort:
In den Wochen nach den beiden Rennwochenenden gibt es mehrere Möglichkeiten, die Strecke einmal selbst zu bezwingen, unter anderem mit ehemaligen Skirennfahrern. Erlebe zum Beispiel einen exklusiven Tag mit dem Pistendesigner Didier Défago höchstpersönlich. Stelle dabei deine Skikünste unter Beweis und erfahre spannende Hintergrundinformationen.
Weitere Neuigkeiten zum Matterhorn Cervino Speed Opening und Informationen zu den festlichen Aktivitäten rund um den Ski-Weltcup findet ihr hier.
Dieser Blogbeitrag wurde am 03. Oktober 2022 verfasst.