Im Jahr 2023 wird die Gornergratbahn 125 Jahre alt. Der damals innovative Pioniergeist unserer Vorväter und deren Träume haben Unmögliches möglich gemacht. Eine Bahn, welche knapp 1‘500 Höhenmeter zurücklegt. Seit 125 Jahren schlängelt sich die Bahn an Abgründen vorbei, durch Lärchen- und Arvenwälder, überwindet auf einem Viadukt die Schlucht des Findelbachs und fährt durch hochalpines Gelände in Schnee, Sturm und Eis. Neben der weltbekannten Bahnstrecke entstand weitere, zugehörige Infrastruktur, welche dazumal für den Bahnbetrieb genutzt wurde. Dazu gehört auch die Turbina. Wir erzählen die vielseitige Geschichte eines Zermatter Gebäudes, welches sich wie ein Fels in der Brandung anzupassen vermag und schon zu verschiedensten Zwecken gebraucht wurde.
Die Lage der Turbina am Findelbach ist kein Zufall. In diesem Gebäude wurde dazumal durch Wasserkraft, Strom für die Gornergratbahn erzeugt. Die Geburtsstunde der Turbina war der 24. November 1897. Am 20. August 1898 nahm die Gornergratbahn ihren Betrieb auf. Als erste elektrische Zahnradbahn der Schweiz und als zweite weltweit. Von diesem Tag an wurde die Fahrt mit der Gornergratbahn hoch auf den Gornergrat mit der Energie der Turbina geleistet. Dadurch waren die Baukosten zwar höher, aber die Betriebskosten tiefer.
Doch im Jahr 1947 zogen die Betreiber der Gornergratbahn die Notbremse. Der Zug wurde ans Stromnetz angeschlossen und die Turbina ausrangiert. Die Gornergratbahn nutzte das Gebäude als Werkstatt für Reparaturarbeiten. Jedoch ging im Laufe der Zeit dem Kraftwerk der Saft aus.
Neues Leben für die Turbina
2013 wurde die Turbina von der Stoked Group gekauft. Die einsamen Jahre waren dem Gebäude anzusehen. Rau und industriell sah das ausrangierte Gemäuer aus, ausserdem fanden die neuen Besitzer alte zurückgelassene Zeitschriften, CDs und vieles mehr. Als Teamprojekt wurde das Gebäude mit viel Leidenschaft zu einem Eventlokal umgestaltet. Die ersten Events in der „neuen“ Turbina fanden 2014 noch ohne fliessend Wasser statt. Wasserkessel aus dem Findelbach mussten vorerst zur Wasserversorgung herhalten. Auch eine Stromzufuhr musste neu installiert werden. Stück für Stück wurde die Turbina erneuert und verschönert.
85 Kerzen
Mittlerweile wird die Turbina für Events genutzt. Jeden Freitag gibt es im Winter ein „All-you-can-eat-Raclette“ und im Sommer ein BBQ.
„Die Turbina ist ein magischer und energetischer Ort, welcher mich immer aufs Neue fasziniert. Es ist sehr schön, die staunenden Gesichter der Gäste beim Betreten der einzigartige Location zu sehen und ihnen einen unvergesslichen Moment zu ermöglichen.“ Florence Kunz leitet seit 2021 die Organisation der Events in der Turbina. 85 Kerzen und viele bunte Scheinwerfer sorgen für eine warme Atmosphäre und eine spektakuläre Inszenierung der altehrwürdigen Eventlocation.
Man spürt förmlich die Energie, die das ehemalige Kraftwerk verströmt. Schon der romantische Weg, welcher am Findelbach entlang zur Turbina führt, ist ein Erlebnis. Er lässt erahnen, wie unsere Vorfahren Tag für Tag zur Arbeit ins Kraftwerk liefen, damit die Gornergratbahn ihren Weg auf Zahnrädern bis auf 3‘089 Meter über Meer zurücklegen konnte. Mit diesem Spaziergang lässt man den Trubel vom Dorf hinter sich und kommt vollends an, in dieser magischen Umgebung.
„Als Eventmanagerin schätze ich meine Freiheiten, aber auch die Herausforderungen, welche die Turbina mit sich bringt. Langweilig wird es hier nie“, so Kunz.
Eine lange Geschichte, die noch nicht fertig geschrieben ist. Wer weiss, was die Turbina in Zukunft in ihren Gemäuern beherbergt. Aber erstmal gilt sie jetzt für Abendessen, Hochzeiten oder Firmenevents als außergewöhnliche Location, welche ihre Gäste staunen lässt. Die Turbina hat auf jeden Fall das Potenzial, mit der Zeit zu gehen und sich neuen Ideen und dem Zeitgeist anzupassen. Auf weitere 125 Jahre. Oder mehr?!