Ab auf den Gornergrat
Heute schlafe ich für einmal etwas länger und lasse meine Ski, die sonst meine treuen Begleiter durch den Winter sind, Zuhause. Denn heute habe ich einen ganz anderen Plan: Ich gehe Wandern. Genau. Wandern im Winter. In Zermatt.
Ich habe mir vorgenommen, um 08.24 Uhr die Gornergrat Bahn zu nehmen. Es gäbe auch noch einen Zug früher, den um 08.00 Uhr, dann würde ich allerdings mit leerem Magen in der Bahn sitzen und das gilt es zu verhindern. Wer möchte schon hungrig in den Tag starten?
Das erste Ziel, das ich ansteure, ist das Stazione by CERVO Zermatt gleich beim Bahnhof. Dort besorge ich alles, was ich für mein Frühstück unterwegs benötige. Zufrieden, noch etwas verschlafen und mit köstlich duftender Tüte unter dem Arm mache ich mich auf den Weg zur Gornergrat Bahn.
Ich laufe durch das Drehkreuz und warte gemeinsam mit den anderen Gästen und Einheimischen, bis wir einsteigen können. Da noch nicht so viele Leute unterwegs sind, ergattere ich einen Platz auf der rechten Seite, wo ich das Bergpanorama während der Fahrt besonders gut bestaunen kann. Mit einem sanften Ruck fährt die Bahn los und es dauert nicht lange, bis sich die Aussicht auf das Matterhorn eröffnet. Alle Blicke wenden sich dem majestätischen «Horu» zu und ein leises, staunendes Gemurmel macht sich unter den Fahrgästen breit. Bis ich ganz oben am Gornergrat angekommen bin, zücke ich noch mindestens drei Mal mein Handy, um den Berg aus den verschiedensten Winkeln einzufangen. Bei der Station Gornergrat angekommen, steure ich direkt auf die Aussichtsplattform oberhalb des Kulmhotels zu.
Einmaliges Bergpanorama
Für einmal wende ich dem Matterhorn den Rücken zu und schaue in die andere Richtung. Was für ein magischer Moment: Es ist ganz ruhig und mein Blick wandert über den Gornergletscher hinweg zum Monte Rosa Massiv, wo soeben die Sonne hinter der Dufourspitze, dem höchsten Punkt der Schweiz, aufgegangen ist. Wenn man genau hinschaut oder aber mit dem Feldstecher, kann man sehen, wie sich die Sonne auf dem Dach der Monte Rosa Hütte spiegelt. Mein Blick wandert weiter über die Zwillinge Castor und Pollux und zum Breithorn. Viertausender, deren Besteigungen meist von der Station Klein Matterhorn aus gemacht werden und gerade im Sommer viele Bergsteiger anlocken. Weiter gleitet mein Blick über das Matterhorn und bleibt auf der anderen Talseite am Weisshorn hängen. Gegenüber vom Weisshorn steht der Dom, der höchste Berg, der sich komplett in der Schweiz befindet. Ich schliesse die Augen und lasse das Gesehene auf mich wirken. Nun laufe ich gemütlich zur Bahnstation Gornergrat zurück und fahre mit dem Zug bis Rotenboden.
Der Riffelsee im Winter
«Vielen Gästen ist es nicht bewusst, dass der Riffelsee im Winter komplett zugeschneit ist. Der Winterwanderweg dort vorbei lohnt sich aber trotzdem, das Panorama ist auch im Winter atemberaubend.»
Bei der Station Rotenboden starte ich meine Wanderung bergab Richtung Riffelberg. Wer mich gut kennt weiss, dass ich es normalerweise bevorzuge, den Berg hochzulaufen. Nicht heute. Ich entscheide mich für die Gegenrichtung, denn ich möchte das wunderschöne Bergpanorama geniessen. Beim Hinunterlaufen zum Riffelhorn begegne ich irritierten Gästen, die den Riffelsee suchen. Ich erkläre ihnen, dass dieser im Winter zugeschneit sei und man ihn nicht sehen könne. Ganz verwundert schauen sie mich an und lachen plötzlich darüber, dass sie nicht soweit gedacht haben. Vielen Gästen ist es nicht bewusst, dass der Riffelsee im Winter komplett zugeschneit ist. Der Winterwanderweg dort vorbei lohnt sich aber trotzdem, das Panorama ist auch im Winter atemberaubend.
Links von mir nehme ich eine Bewegung wahr und ich drehe mich um. Zwei Gämsen spazieren gemütlich durch den Schnee und schauen mich neugierig an. Ich kann es nicht lassen und nehme mein Telefon hervor, um ein Foto zu machen.
Den Moment geniessen
Ich setze meine Wanderung fort und komme auf eine Art Terrasse, die mir einen fast 360° Rundumblick öffnet. Ein paar vereinzelte Wolken umgeben die Gipfel der höchsten Berge in der Gegend, sonst sind keine zu sehen. Im Schatten des Riffelhorns ist es relativ frisch, ein paar Schritte weiter in der Sonne ist es jedoch so warm, dass ich meine Winterjacke ausziehen kann. Ich halte inne, lege meinen Rucksack in den Schnee und setze mich darauf, um den Moment zu geniessen.
Nach einer halben Stunde gehe ich weiter bis zur Kapelle in der Nähe der Station Riffelberg. Wie viele Leute hier wohl jährlich heiraten? Bestimmt einige, denn die Szenerie ist einmalig. Weiter geht es zum Riffelhaus 1853 , wo eine heisse Schokolade auf mich wartet. Dort bleibe ich, bis der nächste Zug nach Zermatt fährt. Ich überlege mir noch, ob ich nur bis zur Station Riffelalp fahren sollte und von dort ins Dorf zurücklaufe. Ich entscheide mich dagegen, genug bergab gelaufen für heute. 😊
Während der Bahnfahrt bestaune ich ein letztes Mal die vielen Berggipfel, die Zermatt umgeben. Ich lasse den Tag revuepassieren, während neben mir unzählige verschiedene Sprachen gesprochen werden.
Im Winter wird in Zermatt – Matterhorn vor allem Ski gefahren, doch auch auf den Winterwanderwegen gibt es einiges zu sehen und zu erleben.