Angaben zur Person:
Name: Nenad Saljic
Beruf: Fotograf
Tätig in diesem Beruf: Seit der Kindheit
Aktueller Betrieb: Selbstständig
Du hast gleich zweimal den National Geographic Award für deine Matterhorn-Fotos gewonnen: Ein Berg, der dich seit Jahren fasziniert. Welche Bedeutung hat diese Auszeichnung für dich?
Es war eine grosse Ehre, den National Geographic Award zweimal zu erhalten – einmal 2010 und erneut 2012; beide Male für Fotos vom Matterhorn. Der erste Preis 2012 brachte meinem Werk eine Aufmerksamkeit, die mich dazu anspornte, mein Matterhorn-Projekt abzuschliessen. Neben diesen Auszeichnungen erhielt ich weitere wichtige Preise, darunter den ersten Platz in der Profikategorie Landschaft bei den Sony World Photography Awards 2013 in London und den PDN Photo Annual Award 2015 in New York.
Motiviert durch diese Ehrungen, setzte ich alles daran, dem Matterhorn ein umfassendes fotografisches Denkmal zu setzen. So entstand mein 2015 veröffentlichtes Buch Matterhorn: Portrait of a Mountain | Porträt eines Berges, das 43 Schwarzweiss-Fotografien in Duoton enthält.
Während viele dachten, meine künstlerische Reise mit dem Matterhorn sei abgeschlossen, habe ich weiterhin den Berg erkundet. Zwischen 2021 und 2023 entstanden 55 neue Schwarzweiss-Aufnahmen, die schliesslich im Bildband MATTERHORN II veröffentlicht wurden.
Dein Matterhorn-Foto wurde an der Louis Vuitton Show 2013 in Paris und später in deren Laden in Wuhan, China, gezeigt. Wie kam es dazu?
Kurz nach meinem zweiten National Geographic Award nahm Louis Vuitton Kontakt mit mir auf, um mein Matterhorn-Foto in ihre Herbst-/Winter-Modeschau 2013/14 für die Herren zu integrieren. Sie schufen eine beeindruckende 7 Meter hohe Leuchtwand mit dem Bild, hinter der die Models bei der Show im Grand Palais in Paris hervorkamen. Das Event zusammen mit meiner Frau und meinen Töchtern zu erleben, war unvergesslich. Später wurde dasselbe Foto zur Dekoration der Eröffnung des Louis Vuitton Ladens in Wuhan, China, verwendet und brachte meine Arbeit so einem internationalen Publikum näher.
Woher kommt deine Faszination für das Matterhorn?
Meine Begeisterung für die Berge begann in meiner Kindheit. Eine inspirierende Lehrerin weckte mein Interesse an die Fotografie und die Natur. Gleichzeitig schenkte mein Vater mir seine Kiev-Kamera. Die Berge aber auch die Höhlen faszinierten mich seit jeher. Mit 19 bestieg ich den Mont Blanc, was meine Verbindung zu den Bergen weiter verstärkte.
Das Matterhorn sah ich zum ersten Mal vor etwa 20 Jahren. Schon beim ersten Anblick war ich von seiner Schönheit und Kraft überwältigt. Bald begann ich, das Matterhorn ernsthaft zu fotografieren. In Zermatt lernte ich Moni und Pirmin Zurbriggen kennen, die mir ihre Berghütte in Findeln anboten. Von dort entstanden einige meiner schönsten Matterhorn-Bilder, darunter das Foto, das später von Louis Vuitton ausgewählt wurde.
Dank Heinz Julen, der 2015 eine Ausstellung in seiner Galerie in Zermatt organisierte, konnte ich meine Arbeit einem breiten Publikum präsentieren. Während des Jubiläums der Matterhorn-Erstbesteigung traf ich zudem auf Othmar Kronig, der mir die Geschichte von Yvette Vauchers Erstbegehung der Nordwand erzählte. Kurz zuvor hatte ich sie in Genf besucht und ihr mein Bildband überreicht – eine der bewegendsten Erfahrungen meines Lebens. Sie war bescheiden, furchtlos und beeindruckend, ein wahrer Berggeist.
Das Matterhorn ist der meistfotografierte Berg der Welt. Wie gelingt es dir, ein einzigartiges Foto von diesem berühmten Berg zu machen?
Künstlerisch ist das Matterhorn ein Meisterwerk. Seine markante, isolierte Pyramidenform fasziniert Menschen weltweit. Seine atmosphärischen Wolken verleihen ihm eine Schönheit, die immer wieder neue Interpretationen herausfordert. Um ein einzigartiges Foto zu machen, muss man das Matterhorn in seiner wechselhaften Erscheinung erfassen: Ich vergleiche es oft mit einer alten, verführerischen Femme Fatale, gefährlich und zeitlos schön. Durch Licht, Schatten und die umgebende Atmosphäre verändert sich das Bild des Berges jede Sekunde. Wer eine besondere Aufnahme machen möchte, muss Zeit investieren, seine ‚Gesichter‘ kennenzulernen und diese flüchtigen Momente einzufangen.
Meine Arbeit mit dem Matterhorn ist eine Hommage an alle Bergsteiger, die den Mut hatten, es zu besteigen, und an jene, die nie zurückkehrten.
Du hattest eine erfolgreiche Karriere in der Wirtschaft, hast dich dann aber entschieden, Fotograf zu werden. Wie kam es zu diesem Wandel?
Fotografie war schon in meiner Schulzeit eine Leidenschaft. In der Oberstufe besuchte ich eine Filmschule und widmete mich der Höhlenfotografie. Doch beruflich schlug ich zunächst einen anderen Weg ein: Ich studierte Wirtschaft in Split, machte einen Master in Informationswissenschaften und promovierte im Bereich Künstliche Intelligenz. Dies führte mich in die Geschäftswelt. Ich arbeitete zunächst in den USA und später in der Schweiz, bis ich 2012 in den Ruhestand ging.
Ein Wendepunkt kam 2006 auf einer Trekkingtour im Himalaya. Drei Wochen ohne Handys machten mir bewusst, wie sehr ich eine Auszeit brauchte. Ich begann wieder zu fotografieren und kaufte mir nach der Reise eine digitale Spiegelreflexkamera. Das war der Beginn meines ernsthaften Wiedereinstiegs in die Fotografie.
Du pendelst zwischen Zermatt und Split. Was hat dich dazu bewogen, gerade diese beiden Orte zu wählen?
Ich wurde in Kroatien geboren, und Split ist meine Heimatstadt. Nachdem ich mich aus dem aktiven Geschäftsleben zurückgezogen hatte und unsere beiden Töchter ihr Studium abgeschlossen hatten, sind meine Frau und ich vor sieben Jahren offiziell nach Zermatt gezogen.
Meine Verbindung zur Schweiz begann ursprünglich durch meine Rolle als Partner in einer Beratungsfirma in Zürich. Zermatt ist für mich das faszinierendste und vollständigste Bergziel, das ich kenne – die Region rund um das Matterhorn bietet eine herausragende Infrastruktur und unzählige Outdoor-Aktivitäten.
Zermatt ist für mich…
… einer der schönsten Orte der Welt, voller Energie, die richtig belebt. Die Natur, besonders die Berge, ist für mich unverzichtbar. Fast alle meine Projekte sind von der Natur inspiriert. Sie ist mein Ausdrucksmittel. Vielleicht schwingt auch die markante Pyramide des Matterhorns mit meinen eigenen Bergwurzeln mit – eine magnetische Anziehung, die mir tief vertraut scheint?
Ausserdem wächst meine Zermatt-Familie! Mein Neffe und seine Frau sind nach Zermatt gezogen, um hier zu arbeiten, und letztes Jahr haben sie eine kleine Tochter bekommen.