Die Schneeräumung in Zermatt

Der Winter ist eingekehrt und einige Schneeflocken fielen bereits zu Boden. Es ist die Saison, in der die Mitarbeitenden unseres Technischen Dienstes am meisten zu tun haben. Sie befreien sämtliche Verkehrsflächen vollständig vom Schnee und sorgen für verkehrssichere Strassen. Warum die Schneeräumung in Zermatt so wichtig ist, erfährst du in diesem Blog.

Wenn die Strassen vom Schnee befreit werden, wird die sogenannte Schwarzräumung angewendet. Sprich: Die Schneeräumung in Zermatt ganz bis auf den Asphalt. Die Schwarzräumung ist ein Grundsatzentscheid, welcher der Gemeinderat vor einiger Zeit gefällt hat. Manche begrüssen diesen Entscheid, andere wiederum wünschen sich märchenhafte, weisse Strassen. Doch wieso hat man sich für die Schwarzräumung entschieden? Welche Herausforderungen stehen dabei an und wie läuft die Schwarzräumung genau ab?

Warum die Schwarzräumung?

Auch wenn der Entscheid des Gemeinderates im Dorf breit abgestützt ist und viele ihn begrüssen, werden die drei Hauptmotive und insbesondere deren Umsetzung oft nicht ganz verstanden:

Klimawandel:
Die höheren und schwankenden Temperaturen sind auch in Zermatt Tatsache. Einmal schneit es, einmal regnet es. Tagsüber scheint die Sonne und es herrschen milde Temperaturen, nachts gefriert das Schmelzwasser wieder. Innert kürzester Zeit entstehen Vereisungen. Tägliche Unterhaltsarbeiten werden durch die Temperaturschwankungen zunichte gemacht.

Gewährleistung der Verkehrssicherheit:
Aufgrund der Vereisungen durch die schwankenden Temperaturen und die durch die Fahrzeuge entstehenden Schlaglöcher in der Schneedecke entsteht ein erhöhtes Unfallrisiko für alle Verkehrsbeteiligten.

Mobilitätsbedürfnis/Sicherstellung eines einwandfreien Verkehrsnetzes:
Zermatt gleicht in den Hauptsaisons einer Alpenstadt, in welcher zwischen 30’000 bis 40’000 Gäste und Einwohnende versorgt werden müssen. Die Transportbedürfnisse sind vor allem in der Wintersaison enorm hoch. Auch pflegt der moderne Mensch sich weniger zu Fuss zu bewegen, was ebenfalls den Innerortsverkehr immer mehr anwachsen lässt. Diesen beiden Verkehrstreibern gilt es mit einem sicheren und einwandfreien Strassennetz zu begegnen. Belässt man den Schnee auf den Strassen, entstehen durch den regen Verkehr, den schwankenden Temperaturen sowie durch den privaten Salzeinsatz Schlaglöcher in der Schneedecke. Dies erschwert den fliessenden Verkehr.

Auch das Eisfeld muss nach Schneefällen geräumt werden. ©Einwohnergemeinde Zermatt

Könnte man in der Bahnhofstrasse den Schnee auf der Strasse belassen?

Das wäre schön, aber leider ist dies aufgrund der Lage und des regen Verkehrs in der Bahnhofstrasse nicht umsetzbar. Die Bahnhofstrasse ist nach Norden/Süden ausgerichtet und demnach täglich mehreren Stunden direkter Sonneneinstrahlung ausgesetzt – auch im Winter. Der Schnee beginnt zu schmelzen und das Schmelzwasser gefriert wieder, sobald die Sonne verschwunden ist. Auch hat die ganze Technik unter der Bahnhofstrasse einen Einfluss auf die Schneeschicht. Abwasser-, Trinkwasser- und Meteorwasserleitungen sowie Stromleitungen, Internet- und Telefonleitungen sind unter der Bahnhofstrasse eingebettet. Wo Energie fliesst, wird auch Wärme freigegeben. Die freiwerdende Energie genügt, um die Strasse leicht zu erwärmen. So entsteht ein doppelter Effekt: zum einen die Sonneneinstrahlung von oben und zum anderen die Wärme aus dem Untergrund. Innert kürzester Zeit entsteht eine dicke Eisschicht und sämtliche Unterhaltsarbeiten werden zunichte gemacht. Und wie bereits erwähnt, haben die ständig schwankenden Temperaturen die gleichen Problematiken zur Folge – die Katastrophe wäre dann noch perfekt, wenn es in den Wintermonaten regnen würde. Das Regenwasser kann aufgrund der Schneedecke nirgends abfliessen und gefriert. So geschah es auch im Januar 2018.

Hinzu kommt das Einschleppen von Salz aus Seitenstrassen durch Fussgängerinnen und Fussgänger und Elektrofahrzeuge, welche den Schnee mehlig werden lassen. Fazit: In einer mit Schnee bedeckten Bahnhofstrasse kann die Verkehrssicherheit nicht mehr gewährleistet werden.

Es schneit – und jetzt?

Sobald es abends und/oder nachts schneit, beginnt der Tag für die Mitarbeitenden des technischen Dienstes sehr früh. Um 04:00 Uhr ist Treffpunkt in der Werkstatt im Spiss. Der Ablauf der Schneeräumung ist in verschiedenen Touren eingeteilt. Es gibt neun maschinelle Touren und fünf manuelle Touren. Ziel ist es, die Strassen und Wege schnellstmöglich vom Schnee zu befreien, bevor der Personen- und Elektroverkehr zunimmt.

Das Team des Technischen Dienstes: Sie rücken aus, wenn’s in Zermatt schneit. ©Einwohnergemeinde Zermatt

Ausgerüstet mit Pflügen, Fräsen und Schneeschaufeln starten die diversen Gruppen, bestehend aus 12 Maschinisten, mit der Schneeräumung – direkt ab dem Spiss. Das Pflügen der Strassen dauert ca. 3-4 Stunden (bis zu einer Schneehöhe von 30cm und keinem bis wenig Verkehr). Der Zeitaufwand zum Abtransportieren des Schnees dauert ca. 6-8 Stunden. Bei einem erhöhten Verkehrsaufkommen kann das Pflügen zusätzliche 2-3 Stunden beanspruchen, beim Abtransport gar 3-4 Stunden. Die 17 – 20-köpfige «Fussmannschaft» kümmert sich um sämtliche Treppen und Fusswege, welche nicht mit Maschinen vom Schnee befreit werden können.

Hintergrundwissen zum Salzeinsatz

Die Schwarzräumung geht mit dem Salzeinsatz einher. Kein anderes Streumittel kann dem Salz die Hand reichen. Bei Streusalz handelt es sich um ein Naturprodukt – ein 99.5-prozentiges feinkörniges Natriumchlorid. Die positiv geladenen Natrium- und negativ geladenen Chlor-Ionen docken sich an die Wassermolekülen der obersten Eisschicht an und lösen kontinuierlich die Wassermolekülen heraus. Das Eis taut auf.

Kann man auf den Salzeinsatz verzichten? Gibt es Alternativen?
Nein. Salz ist das wirkungsvollste Mittel, um Vereisungen entgegenzuwirken und für sichere Strassenverhältnisse zu sorgen. Holzspäne und Splitt eignen sich nicht für den Strassenunterhalt. Sie wirken den Vereisungen nicht entgegen und vergleichsweise benötigt man 20-30 Mal mehr Split als Auftausalz. Der Transport, die Lagerung sowie die Entsorgung sind kostenaufwendig und Holzsplitt kann zudem die Kanalisation verstopfen. Das Streusalz schneidet somit am besten ab und dennoch heisst es für den Winterdienst immer: Nur so viel wie nötig.

Der Technische Dienst setzt auf präventives Salzen, wie die meisten Winterdienstbetriebe. Das Salzen erfolgt in der Regel kurz vor dem Schneefall. Die Strassen müssen nass sein, damit das Salz auch haften bleibt. So wird verhindert, dass sich der Schnee auf der Strasse festsetzt, durch den Verkehr verdichtet wird und zu einer dicken Eisschicht gefriert. Wenn es anfängt zu schneien, kann es schon mal ein Rennen gegen die Zeit werden. Denn je höher die Schneeschicht wird, umso weniger Nutzen hat das Salz. Nachdem das Salz gestreut wurde, wird die Niederschlagsmenge abgewartet. Werden grössere Mengen erwartet, so wird nach ca. 10cm Schneehöhe der Schnee wieder an den Strassenrand gepflügt und abtransportiert.

Die Wirkung des Salzes lässt nach 3-4 Stunden nach. Danach ist es zu stark verdünnt. Deshalb ist es wichtig, nach der Schneeräumung erneut Salz einzusetzen, um die eventuell entstandene Eisschicht aufzutauen, zu vermeiden oder die Strasse schneller zu trocknen.

Wie wird das Salz gestreut?
Der Technische Dienst verfügt über verschiedene Fahrzeuge mit einem Salzstreuer. Die zu verstreuende Salzmenge sowie die Streuweite können sehr präzise eingestellt werden. Die Streumenge kann zwischen 0-60g pro Quadratmeter und die Wurfbreite zwischen 1 und 5.5 Metern ausgerichtet werden. Die Fahrzeuge stossen in Zermatt allerdings teilweise an ihre Grenzen. Sie verkehren nur mit Allrad, ohne Spikes und durch das Gewicht der Lademenge geraten die Fahrzeuge schnell mal ins Rutschen. Die «Fussmannschaft» streut das Salz von Hand.

Es gibt kein «Rezept» für den Winterdienst, auch keine genauen Richtlinien. Vieles ist mit Erfahrungswerten verbunden. Wetter, Wetterprognosen, Windstärke und -richtung, Luftfeuchtigkeit, Luftdruck, Sonneneinstrahlungen, die Ausrichtung der Strassen nach Himmelsrichtung, und vieles mehr beeinflussen den Salzeinsatz. Jeder Einsatz ist anders.

Weniger ist mehr
Bereits kleine Mengen Salz reichen vollkommen aus, um Schnee und Eis aufzutauen. In der Regel werden in Zermatt 6-12g Salz pro Quadratmeter maschinell gestreut. Dies entspricht einer Menge eines gehäuften Teelöffels. Privatpersonen verwenden vergleichsweise rund 100-200 Gramm Salz pro Quadratmeter auf ihren Grundstücken. Dies entspricht einer gehäuften Hand voll.

Durch den Abtransport des zur Seite gepflügten Schnees können im Vergleich zu anderen Destinationen weitere 30-40 Prozent Salz eingespart werden. Wird der Schnee nämlich nur zur Seite geschoben, fliesst tagsüber viel mehr Schmelzwasser über die Strassen, welches das vorhandene Salz wegspült. Es muss somit immer wieder Salz gestreut werden, damit keine Vereisungen durch das Gefrieren des Schmelzwassers entsteht.

Das Thema Umweltschutz bei der Schneeräumung in Zermatt

Immer wieder werden Bedenken ausgedrückt, welchen Einfluss der Salzeinsatz auf die Umwelt hat. Wir sind uns diesem Risiko bewusst, jedoch kann die Bevölkerung unbesorgt sein. Ein Grossteil des gestreuten Salzes wird durch das Schmelzwasser in die Kanalisation geleitet. Bäume, Pflanzen sowie der Boden werden aufgrund des aktuellen Systems (direkter Abtransport des Schnees) kaum beschädigt, da dadurch die punktuelle Salzbelastung geringfügig ist. Anders als beim zur Seite gepflügten Schnees, dessen Salzkonzentration höher ist und durch das Schmelzwasser im Boden versickert. Eine mehrjährige Studie an Alleebäumen in Hannover hat gezeigt, dass die Chloridgehalte im Verlauf eines Jahres starken Schwankungen unterworfen sind und die Grenzwerte weder in den Pflanzen noch im Boden erreicht wurden. Vielmehr haben andere Stressfaktoren Einfluss auf die Bäume und Pflanzen am Strassenrand wie die Bodenverhältnisse, Einengung der Wurzeln, Wasser- und Nährstoffmangel, Verunreinigung durch Motoröl, Hundekot und -urin, etc.

Bei der Schneeräumung kommen die typischen Zermatter Elektrofahrzeuge zum Einsatz. ©Einwohnergemeinde Zermatt

Die Wasserqualität der Fliessgewässer wird in der ganzen Schweiz stetig überprüft. In den Wintermonaten sogar vermehrt. Die Messwerte bestätigen, dass die entsorgten Mengen Salz in den öffentlichen Gewässern unbedenklich sind. Auch mit der kantonalen Dienststelle für Umwelt, Sektion Gewässerschutz, wurde vermehrt Rücksprache über die Entsorgung von Schnee in den Fliessgewässern gehalten. Die ausgesprochenen Richtlinien hinsichtlich der Entsorgung von Schnee im Bach werden eingehalten.

Die Verschmutzung auf den Strassen

An manchen Tagen zeigt sich Zermatt nicht von seiner schönsten Seite. Nach einem Schneefall schlängeln sich Fussgänger durch eine Schicht braunen Matsch. Aber wie entsteht dieser eigentlich? Der Schnee gerät mit dem Salz auf der Strasse in Berührung, dieser entzieht dem Schnee Wasser und das Wasser vermischt sich mit Schmutz auf der Strasse. Doch woher kommt der ganze Schmutz? Eine Analyse hat gezeigt, dass der Schmutz zwei Hauptquellen hat:

Abrieb von Asphalt
Spikes an Elektrofahrzeugen und Fahrrädern reiben den Asphalt auf den Strassen ständig ab. In der Triftbachstrasse konnten jährlich ca. 10mm Abrieb gemessen werden. Auch dieser feine Abrieb bleibt auf den Strassen liegen.

Verschleppung von Baustellenstaub
In Zermatt gibt es verschiedene, nicht geteerte Strassen und Baudeponien. Trotz gegenteiliger Vorschrift werden auch Baustellenzufahrten teilweise nicht geteert. Durch den regen Verkehr wird der Staub im ganzen Dorf verteilt, insbesondere der Feinstaub.

Strassenreinigung in Zermatt
Mit der Kehrmaschine werden die Strassen regelmässig gereinigt. ©Einwohnergemeinde Zermatt

Wie vermeidet man den braunen Matsch auf den Strassen?

Die Strassen müssen trocknen und gereinigt werden. Um die Strassen zu trocknen, muss einerseits das Wetter mitspielen. Andererseits kann mit einem vermehrten Salzeinsatz das Trocknen der Strassen beschleunigt werden. Es ist allerdings nicht das Ziel der Einwohnergemeinde Zermatt, einen übermässigen Salzeinsatz anzustreben.

Mit Gummischabern wird versucht, so viel Matsch wie möglich von den Strassen zu entfernen. Dies ist natürlich mit einem erhöhten personellen Arbeitsaufwand verbunden.

In Zusammenarbeit mit der Firma Wyssen Strassenunterhalt AG werden die Strassen gereinigt, insofern es die Temperaturen zulassen. Der Einsatz der Kehrmaschine ist nämlich nur ab einer Aussentemperatur von über 5°C möglich.

Du siehst: Die Schwarzräumung ist eine echte Herausforderung und wir lernen jeden Winter dazu. Wir hoffen, ein wenig Klarheit in dieser Thematik verschaffen zu haben und hoffen auf dein Verständnis. Irgendetwas unklar? Wir von der Einwohnergemeinde Zermatt und die Mitarbeitenden des Technisches Dienstes beantworten gerne deine Fragen.

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