Angaben zur Person:
Name: Deborah Kressebuch
Beruf: Hirtin
Schafhirtin seit: Mai 2021
Zurzeit zu finden: am Gornergrat / Riffelberg / per GPS mit Meet the Sheep App
6 Fragen an Deborah Kressebuch
Was machst du beruflich?
Ich begleite die Schafherde während 4 Monaten (Juni-September) ganz allein täglich früh morgens auf die Weiden hinaus, suche sie gegen Abend im Gebiet und bringe sie gegen halb 10 wieder zurück in den Nachtpferch, wo sie vor dem Wolf geschützt sind. Ich beobachte die Schafe auf ihre Gesundheit, verarzte und pflege sie wenn nötig und sorge dafür, dass sie täglich bis zu 8 Stunden ungestört fressen können und ebenso während der warmen Tageszeit ruhen und wiederkäuen können. Täglich führe ich das Alpjournal mit dem Protokoll über den Tagesverlauf. Alle paar Tage zähle ich sie auf die Vollständigkeit durch. Ich verrichte diese Arbeiten bei jeder Witterung und 7 Tage die Woche. Das Tierwohl steht an erster Stelle und diesbezüglich ihre Gesundheit und ihr Wohlbefinden.
Ich bin für die Zäune verantwortlich, wie zum Beispiel der Nachtpferch und führe die Herde an, wenn wir das Gebiet wechseln.
Während den Nachmittagsstunden bin ich ebenfalls bei der Herde und stehe für Gäste und ihre Fragen zur Verfügung. Ich erzähle über die Herde, meine Arbeit und die Schwarznasenschafe allgemein. Natürlich dürfen die Gäste die Schafe fotografieren – und auch mit dem von mir mitgebrachten Futter füttern, mit den Schafen kuscheln, sich von den Lämmern küssen lassen und diese einmalige Begegnung geniessen. Es geht um ein aussergewöhnliches Erlebnis mit den besonderen Schwarznasenschafen und das Kennenlernen der Zusammenhänge zwischen Alpwirtschaft, dem Leben in den Bergen mit Tieren, der Gastronomie und der Bergkultur.
Diese ungewöhnliche Schafalp ist auch Bühne für viele Fotografen und Kameras – Filmteams und Fotografen besuchen mich immer wieder und machen Aufnahmen der Schafherde vor dem Matterhorn, wie zum Beispiel Influencer, die im Wollmeer schwimmen…
Warum liebst du das Hüten der Schafe, was macht das für dich aus?
Für mich ist das Hirten und die Alpzeit eine absolut naturnahe und intensive Lebenszeit, jeder Tag richtet sich von früh bis spät nach dem Lebensrhythmus und den Bedürfnissen der Tiere. Dabei bin ich ihre Hirtin und beschütze und pflege sie. Ich verbringe täglich viele Stunden mit den wunderschönen Schafen und dadurch entsteht eine sehr besondere und kostbare Verbindung zur Herde und zu einzelnen Schafen.
Oft erlebe ich total einmalige Momente mit der Schafherde oder mit einzelnen Schafen, sei es Wetterstimmungen, das Wollmeer auf dem Heimweg im Abendrot vor dem Matterhorn oder wenn ein Schaf besonders zutraulich meine Nähe sucht und mir sein Vertrauen schenkt.
Es ist für mich eine unbeschreiblich kostbare und privilegierte Zeit, abseits vom pulsierenden Leben so naturnah zu leben, alle Elemente hautnah zu erleben, sei es im Regen oder Schnee mit den Schafen zu ziehen oder auch mein einfaches Leben im Wohnwagen am Berg zu leben. Es ist überhaupt nicht immer einfach und romantisch, aber genau das macht es für mich aus, es ist ein Abenteuer einer ganz besonderen Art. Letztendlich geht es darum, achtsam meine Aufgabe mit meinem Leben so zu verbinden, dass ich im Gleichgewicht mit meiner verfügbaren Energie bleibe – denn es braucht mich von früh bis spät, jeden Tag.
Das viele Gehen im Hochalpinen Gebiet ist ausserdem ein wundervolles Training ganz nebenbei – der Körper wird ausdauernd, kräftig und gesund – trotzdem muss ich auch hier sorgsam mit meiner Energie umgehen, kippt das Wetter oder passiert etwas unerwartetes mit den Schafen, kann jeder Tag schnell zu einer grossen Herausforderung werden und an den letzten Kräften zehren – und ein erholsames Wochenende gibt es nicht!
Diese Herausforderung gekoppelt mit der täglichen Arbeit und dem Leben mit den Tieren liebe ich und erlebe es als grosse Schule der Natur für mich und meine Fähigkeiten.
Was ist dein nächstes grosses Projekt, oder welches Projekt hat für dich eine spezielle Bedeutung?
Ich muss ganz ehrlich sagen, dass mich diese Alpsaison gerade stark prägt und meinen Fokus beeinflusst. So möchte ich als nächstes das Schafschären lernen…
Was mein Winter bringt steht noch in den Sternen – entweder ich eröffne eine Kiteschule in Mexico, gehe nach Indien an ein Hirtenmeeting oder besuche warme Gebiete Europas mit meinem VW Bus bis in Zermatt wieder Frühling wird… Was mein Leben konstant begleitet, ist meine künstlerische Arbeit – wo immer ich bin, ich zeichne, male, schreibe und manchmal erschaffe ich Skulpturen. Meine nächste Ausstellung im Sommer 2022 werde ich im Winter ebenfalls vorbereiten… Ja, ziemlich vielseitig sind meine Projekte und alles hat für sich seine spezielle Bedeutung und Wichtigkeit für mich.
Was machst du in deiner Freizeit in Zermatt?
Haha…, die gibt es nicht! Gaaaaaaaanz selten kann ich mir ein knappes Stündchen Wellness im wundervollen SPA vom Hotel Daniela bei Rebecca Julen gönnen, wo auch meine Bilder ausgestellt sind. Seit ich aber auf dem Riffelberg bin, ist diese Oase leider zu weit entfernt und ein Verlassen der Aufsicht über die Herde ist zu riskant…
Aber ja doch! Wenn es mein Tagesablauf ermöglicht, sitze ich mit dem Skizzenbuch in die Herde und zeichne oder schreibe. Eigentlich habe ich auch vor zu malen, dazu ist es aber bisher noch nicht gekommen…
Erzähl uns von deinem Lieblingsort in Zermatt!
Ich durfte die Alpsaison in der Aroflüe beginnen. Das war wie in einem Märchen. Ich konnte in einem wunderschönen Maiensäss wohnen und hatte die Schafherde täglich um mich herum. Rückblickend ist die Aroflüe mein absoluter Lieblingsort – in der Nähe gibt es viele Bäche für eiskaltes Baden und wunderschöne Ecken zwischen den Felsen und Lärchen. Ich habe selten in meinem Leben einen so friedlichen und idyllischen Ort erlebt…
Zermatt ist für mich…
ein magischer Ort voller Überraschungen und wunderbaren Menschen, die mir ans Herz gewachsen sind!